Das ist Sengül

Sengül Candan

Pflegedienstleitung Tagespflege Dorsten

Ursprünglich komme ich gar nicht aus NRW, mich hat die Liebe ins Ruhrgebiet geführt und heute liebe ich das Revier. Ich mag die Menschen hier, geradeheraus und gradlinig. Ich mag den ehrlichen Umgang und Ruhris sind ein eigener Schlag, zu dem ich seit 2008 auch gehöre. Nach meiner Schulzeit habe ich zuerst ein Freiwilliges Soziales Jahr in einem Seniorenheim absolviert. Und danach noch ein Freiwilliges Soziales Jahr in einem Krankenhaus begonnen. Das habe ich aber für eine Ausbildung zur Altenpflegerin abgebrochen. Mir hat die Arbeit im Seniorenheim besser gefallen. Im Krankenhaus hatte ich das Gefühl, nur zu funktionieren und mir gefiel die Fluktuation nicht. Ich habe mir ein Umfeld gewünscht, in welchem ich Beziehungen aufbauen kann. Das geht gut in der Altenpflege, ich wollte mich um Menschen kümmern und Zeit für sie haben. Mich interessieren die Geschichten hinter den Menschen.

Also begann ich eine Ausbildung zur Altenpflegerin. Anfangs hat es meine Familie irritiert. „Musst Du auch Männer pflegen?“, hat man mich oft gefragt. Das war für meine türkische Familie schwer vorstellbar. Ich habe Ihnen gesagt: „Das ist meine Arbeit. Und ich mache sie gerne“. Sie haben es akzeptiert als sie sahen, wie zufrieden mich die Arbeit macht. Ich habe 2009 als Wochenendkraft im Altenzentrum Maria Lindenhof in Dorsten begonnen und nach zwei Jahren auf eine 20-Stunden-Woche aufgestockt als meine beiden Mädchen in der Kita waren. Man hat bei der Dienstplangestaltung Rücksicht auf meine Kinderbetreuung genommen, sodass ich gemeinsam mit meinem Mann alles gut organisiert bekam. Es gab eine Phase, in der ich mittags eine Stunde niemanden für meine Kinder hatte. Ich wusste nicht, ob ich es ansprechen kann oder ob man es als mein Privatproblem ansehen würde. Ich hatte aber keine Lösung.

Unsere Gäste in der Tagespflege in Dorsten sollen Nachmittags sagen: Ich hatte einen tollen Tag

Die Reaktionen meiner Kollegen und der Leitung waren toll, damit hatte ich nicht gerechnet. Meine Kinder sind während dieser Zeit mittags hierhin gekommen und haben ihre Hausaufgaben gemacht. Sie bekamen viel Unterstützung von den Bewohnern und waren für einige das Tageshighlight. Ich erinnere mich an eine Bewohnerin. Sie hat immer darauf geachtet, dass der Akku ihres Rollstuhles stets aufgeladen ist, damit sie meine Kleinste mit auf Tour durchs Haus nehmen konnte. Andere haben ihnen bei den Hausaufgaben geholfen und ich konnte sehen, wieviel Spaß beide Seiten hatten. Dieses Entgegenkommen war eine schöne Erfahrung und hat es auch mir leicht gemacht, flexibel zu sein und im Notfall auszuhelfen. Meine Tochter ist heute 17 und macht eine Ausbildung zur Pflegefachkraft, so prägend waren diese Erlebnisse für sie. Und sie möchte irgendwann unbedingt hier in Dorsten arbeiten. Neulich sagte meine Tochter: Immer wenn ich zur Arbeit gehe, sehe ich meine Mutter und wie viel Spaß ihr ihre Arbeit macht. Sie hat recht!

Ich habe nach einiger Zeit begonnen in der Tagespflege auszuhelfen. Ich habe die Gäste unterhalten und mich um sie gekümmert. Unsere Gäste sollen am Alltag teilhaben und soziale Kontakte pflegen. Nach Ausscheiden der ehemaligen Pflegedienstleitung hat man mich gefragt, ob ich mich weiterbilden möchte mit dem Ziel PDL. So etwas traut man mir zu? Traue ich es mir selber zu? Eigentlich dachte ich an eine Weiterbildung zur Wundmanagerin. Meine Leitung sieht Potential in mir und möchte mich fördern? Das war ein gutes Gefühl und hat mich stolz gemacht. Die Weiterbildung dauerte 2,5 Jahre, jeden Donnerstag Abend und jeden zweiten Samstag. Währenddessen war ich kommissarische PDL und konnte so Theorie und Praxis sofort miteinander verbinden. Unsere Einrichtungsleitung war eine große Unterstützung für mich. Sie hat mich jede Woche nach der Schule zu den Inhalten befragt und immer ihre Hilfe angeboten. Ich habe viel gelernt von den Erfahrungen der Mitarbeiter und der Einrichtungsleitung ich habe alles aufgesogen. Das Vertrauen der Leitung in meine Fähigkeiten hat meinen Ehrgeiz gefüttert und mich motiviert. Auch die Bücher und Fahrtkosten wurden übernommen.

O-Ton meiner (Leitung) : „Sie sind viel reifer geworden“

Seit 2019 bin ich Pflegedienstleitung der Tagespflege in Dorsten. Ich bin zuständig für die Organisation des Tagesbetriebes, die Belegung, das Budget und Mitarbeiterführung. Es bleibt immer noch Zeit für die Menschen. Das ist mir sehr wichtig. Meine Philosophie: Die Gäste sollen sagen: Das war ein toller Tag. Wir haben gelacht, uns unterhalten und waren in guter Gesellschaft. Das gilt natürlich auch für mich. Meine Mitarbeiter sollen gerne hier arbeiten, ich gehe auf jeden persönlich ein und versuche Leben und Beruf miteinander in Einklang zu bringen. So wie ich es selbst stets auch erfahren habe.

Wir sind ein gutes Team, vertrauen uns und freuen uns jeden Tag auf unsere Gäste.